Anerkennung der weltweiten Klimakrise – neuerliches UPDATE

In der Stadtverordnetenversammlung am 12.12.2019 wurde unser Beschlussantrag BSVV/0022/19-1 behandelt. Die Abstimmung endete mit 16 Für- und 16 Gegenstimmen  in einem Patt; daher abschlägig entschieden. Unserer Meinung nach ein Beispiel dafür, wie ewig Gestrige mit Angst versuchen, Politik zu machen; ungeachtet der Geschehnisse um sie herum.

Großer Widerstand kam damals aus der Stadtverwaltung, insbesondere der 1. Baubeigeordnete äußerte Bedenken, dass eine Prüfung aller Maßnahmen hinsichtlich Verträglichkeit mit Klimazielen von der Verwaltung nicht geleistet werden könne. Hauptsächlich aber wurde von den Gegnern unseres Antrages in Frage gestellt, ob die Ausrufung eines Klimanotstandes (bzw. wie die von uns gewählte Formulierung: „Anerkennung der weltweiten Klimakrise“) mit den damit verbundenen Forderungen zur Umsetzung entsprechender Maßnahmen überhaupt etwas bewirken würde.

Nun, ein Jahr nach der Ausrufung des Klimanotstandes in der Landeshauptstadt Potsdam wurden die Wirkungen durch Experten des Nachhaltigkeitsinstituts IASS und Klimafolgenforscher des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) untersucht.

Wie es in einem MAZ Artikel heißt: „Von reiner Symbolpolitik sprachen viele Kritiker damals – und tun es oftmals heute noch. Doch was ist seit dem Beschluss am 14.August 2019 tatsächlich passiert? Welche Folgen hat die Ausrufung des Notstands für Potsdam gehabt?“

Daniela Setton, wissenschaftliche Mitarbeiterin am IASS führt aus: „Über 70 Kommunen haben sich 2019 entschlossen eine ,Klimanotlage’ zu verabschieden. Die Reichweite dieser Beschlüsse ist sehr unterschiedlich, was Ziele und Maßnahmen betrifft“. Bezogen auf die Landeshauptstadt bestätigt sie: „Bei den Ambitionen ist Potsdam sehr gut aufgestellt. Das wird im neuen Klimabericht deutlich. Gerade bei der Reduktion der Treibhausgas-Emissionen ist die Stadt auf einem guten Weg.“ Allerdings fügt sie auch hinzu, dass zur Erreichung einer Klimaneutralität bis 2050 eine Verstärkung der Anstrengungen nötig ist.

In Potsdam wurde eigens eine Koordinierungsstelle Klimaschutz eingerichtet, welche für die Umsetzung aller Klimaschutzmaßnahmen verantwortlich ist. Die Leiterin dieser Koordinierungsstelle Claudia Lippert sagt dazu: „Der Beschluss verstärkt die Umsetzungsanstrengungen zum Masterplan Klimaschutz, der schon zuvor beschlossen war. Es sind bereits 55 Prozent der Maßnahmen des ersten Umsetzungspakets begonnen worden – damit befinden wir uns auf einem guten Weg“. Natürlich wurden nach dem Notstandsbeschluss umfangreiche Prüfanträge bei der Verwaltung eingereicht.

Pandemie-bedingt kann die Bearbeitung nun nach einem Jahr noch nicht abschließend beurteilt werden, die für Mai angekündigte Berichterstattung zur Umsetzung wurde nun auf die November Sitzung verschoben. Während sich der (zusätzliche) Aufwand für die Verwaltung nur schwer beziffern lässt, geht aus einem ersten Sachstandbericht jedoch hervor, dass über die Hälfte der Maßnahmen des ersten Umsetzungspaketes begonnen wurden. Nichtsdestotrotz gibt es auch eine Reihe von Maßnahmen welche aus Kapazitätsgründen noch nicht begonnen wurden.

„Unter den aktuellen Gegebenheiten finde ich es am wichtigsten, dass die Haushaltslücken, die Corona reißen wird, nicht benutzt werden, um Klimaschutz und Klimaanpassung zurückzufahren. Diese Gefahr zeichnet sich schon ab“ gibt Fritz Reusswig vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung zu bedenken. „Man müsse genau umgekehrt denken, sagt Reusswig.“ Er sieht die Notstandsbeschlüsse auch nicht als reine Symbolpolitik nur weil die Ressourcen und Folgen unklar seien. „Die deutschlandweiten Beschlüsse 2019 waren gemeinsam mit den Massendemons­trationen von Fridays for Future Ausdruck eines neuen Gefahren- und Dringlichkeitsbewusstsein – „ohne sie hätten wir in Deutschland wohl auch kein Klimaschutzgesetz beschlossen“, sagt er.“ Zur Bewertung des derzeitigen Standes der Umsetzung führt er aus: „Immerhin wurde fast die Hälfte der im Masterplan Klimaschutz von uns vorgeschlagenen Maßnahmen begonnen, es wurden auch nicht unerhebliche finanzielle Mittel seitens der Stadt bereitgestellt, etwa für den ÖPNV- und den Radwege-Ausbau oder bei der energetischen Quartiersentwicklung“. Darüber hinaus fügt er hinzu, dass es vor allem auch kritische Stimmen gibt, denen die Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen nicht schnell genug geht.